Werbung messbar machen – keine Illusion
Möchte man der Werbung den Puls fühlen, denkt man gerne an die oftmals zitierte Aussage „Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte.“ Das jedenfalls soll Henry Ford vor rund hundert Jahren gesagt haben. Was war sein Problem? Er hatte kaum Möglichkeiten, die Reaktion auf seine Werbung zu messen. Heute verfügen wir über solche Mittel und Methoden. Seit vielen Jahren schon befassen sich Unternehmen, die Werbewirtschaft mit all ihren Gattungen sowie insbesondere auch Hochschulen damit, die Werbewirkung von Marketingmaßnahmen und Werbemedien systematisch zu analysieren.
Um valide Aussagen zur Wirkungsweise von Werbeartikeln als solchen wie auch im Vergleich zu anderen Werbeformen treffen zu können, widmet sich auch der Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft, kurz GWW e.V., unterschiedlicher Verfahren zur Analyse der Werbewirkung. Über mehrere von anerkannten Marktforschungsinstituten oder auch Hochschulen initiierte Studien konnten bereits so manche Vorzüge wie beispielsweise die langfristige Werbewirkung, die hohe Werbeerinnerung, der geringe Streuverlust als auch seine Rolle als Sympathieträger eindrucksvoll herausgestellt werden. Während bei den bisherigen Erhebungen immer der quantitative Ansatz verfolgt wurde, widmet sich die kürzlich vom Gesamtverband veranlasste qualitative Forschung und Emotionsmessung einem völlig neuen Ansatz. Ziel dieser jüngsten, vom Kölner Institut september Strategie und Forschung durchgeführten Studie: die unterbewusst ausgelöste emotionale Wirkung von Werbeartikeln auf Menschen und Marken besser zu verstehen.
Eine neue wissenschaftliche Methode kommt den Emotionen auf die Spur!
Nach Emotionen kann man schlecht fragen. Das menschliche Bewusstsein ist nicht besonders gut darin, Emotionen fein zu unterscheiden. Bei der tiefenpsychologischen Emotionsforschung werden biometrische Messungen mit tiefenpsychologischen Interviews kombiniert. Probanden aller relevanten Zielgruppen wurden verschiedene Werbeartikel überreicht und gleichzeitig deren körperliche Reaktionen gemessen, die Aktivität mehrerer Gesichtsmuskeln, Hautleitwerte, Pulsvolumen oder auch, ob ein Herz „höherschlägt“.
„Ziel der Emotionsforschung ist, das Unbewusste im Menschen zu verstehen – denn, sind wir mal ehrlich, wir alle wissen, dass wir in den meisten Fällen nicht rational entscheiden. Unser emotionales Innenleben, von dem wir selbst meist nur die berühmte Eisbergspitze erleben können, entscheidet fast alles im Alltag. Es reagiert auf Werbung, Rabattaktionen, Packungsdesigns, Produktversprechen … und eben auch Werbeartikel“, so Oliver Spitzer, Managing Partner des auf die Emotionsforschung spezialisierten Instituts september.
Der Unterschied bei der Emotionsforschung im Vergleich zu anderen Methoden liegt vor allem darin, dass nicht das Bewusstsein, sondern das Unterbewusstsein der Menschen analysiert wird. Um die zuvor gemessenen Emotionen verstehen zu können, bedarf es anschließend noch der tiefenpsychologischen Interviews. Über spezielle Gesprächstechniken wird den Probanden entlockt, weshalb sie entsprechende Reaktionen zeigten. Die Story hinter den gemessenen Emotionen.
Die Methode basiert auf jahrelanger wissenschaftlicher Forschung. So kann aus bestimmten Reaktionsmustern nicht nur abgelesen werden, ob jemand positiv oder negativ auf etwas reagiert, mit Freude oder mit Ablehnung, es wurden zudem auch für das Marketing relevante KPI entwickelt. Diese Key Performance Indicators sind trust, liking, attraction, closeness, relevance, reflection und distress. So entstehen objektive Ergebnisse, die in Unternehmen und Agenturen direkt verwertbar sind.
Bei der Untersuchung wurde auch ein Vergleich zu anderen Werbeformen vorgenommen, um die emotionale Wirkung von Werbeartikeln in einen greifbaren Rahmen zu setzen. Verglichen wurden die emotionalen Reaktionen, die Werbeartikel als auch andere Werbemedien beim Empfänger auslösen. Während alle Werbeartikel Sympathie, Relevanz und Attraktion erzeugen, übertraf so mancher gut gemachte Werbeartikel die Erwartungen bei Weitem.
„Wir untersuchen täglich Werbemittel, von TV und Radio bis hin zu Instagram und TikTok. Da gibt es immer wieder Überflieger, die besonders intensive Emotionen auslösen. Aber die Werbeartikel haben unsere Skala gesprengt“, so Oliver Spitzer.
Festzuhalten bleibt, dass Werbeartikel auf jeden Fall anders als andere Werbeformen funktionieren und wirken. Ein Werbespot beispielsweise bedient sich einer Geschichte oder eines Arguments, um für ein Produkt die Werbetrommel zu rühren. Der Werbeartikel braucht keine Argumente.
Einer der spannendsten Punkte neben Haptik, Nützlichkeit und dem Geschenke-Charakter, den Werbeartikel natürlich haben, ist, dass Werbeartikel eigentlich umbenannt werden müssten: Für Endkunden handelt es sich nicht wirklich um Werbung. Im besten Sinne: Menschen sind nicht „auf der Hut“, weil sie merken, dass sie gerade beworben werden. Im Gegenteil, die Kunden sind in Entdeckerlaune.
Werbeartikel können eine enorme psychologische Power entfalten, da sie die sonst übliche Werbelogik außer Kraft setzen. Menschen empfinden Werbeartikel eher als nette Aufmerksamkeiten und weniger als Versuch, ihnen etwas zu verkaufen, was sie nicht haben möchten.
Werbeartikel sind mehr als „nur“ Werbung. Sie berühren emotional und wecken alle Sinne. – Wie sehr – das wurde nun sogar wissenschaftlich gemessen!
Ralf Samuel studierte an der Universität zu Köln Politikwissenschaft, Germanistik und Romanistik mit dem Abschluss Magister Artium. Seit vielen Jahren leitet er die Geschäfte des Gesamtverbandes der Werbeartikel-Wirtschaft, kurz GWW e.V. Zu den generischen Aufgaben des Gesamtverbandes zählt auch, die Wirkungsweise des Werbeartikels aber auch weiterer Werbeformen zu erforschen, um Werbung treibenden Unternehmen Informationen und Entscheidungshilfen vermitteln zu können.
Oliver Spitzer ist Managing Partner der september Strategie und Forschung GmbH. Nach seinem Psychologiestudium und der Tätigkeit bei internationalen Werbeagenturen wie GREY worldwide spezialisierte er sich auf Emotionsforschung im Bereich der Konsumenten- und Werbewirkungsforschung. Er unterstützt Kunden wie Bosch, Commerzbank, Google, Melitta, Telekom und viele andere, die die emotionale Leistung ihrer Marken und ihrer Kommunikation steigern möchten.